Ist Lift & Shift einfach nur eine teure Problemverschiebung?
Unternehmen stehen heute vor der Entscheidung: Alte Server ersetzen oder in die Cloud migrieren? Die Versprechen sind verlockend, doch wer einfach seine bestehenden Systeme eins zu eins zu einem Hyperscaler wie AWS, Azure oder Google Cloud verschiebt, riskiert, die Probleme des eigenen Rechenzentrums nur teurer weiterzubetreiben.
Eine erfolgreiche Cloud-Migration ist selten eine reine Technikfrage, sie ist eine strategische Weichenstellung. Und wie bei jeder strategischen Entscheidung gibt es mehr als nur einen richtigen Weg.

Szenario 1: Lift & Shift zu einem Hyperscaler
Die bestehenden Server werden unverändert in die Cloud verschoben. Anwendungen, Betriebssysteme und Architekturen bleiben, wie sie sind.
Hauptprobleme:
- Hohe Betriebskosten: Im klassischen Instanzansatz man für bereitgestellte Leistung, nicht nur für tatsächlich genutzte Kapazität. Ungenutzte Ressourcen treiben die Rechnung schnell in die Höhe.
- Verpasste Cloud-Vorteile: Elastizität, automatische Skalierung und moderne Dienste bleiben ungenutzt, die Server laufen einfach weiter wie im eigenen Keller, nur eben auf fremder Hardware.
- Fortbestehende technische Schulden: Veraltete Betriebssysteme, unflexible Architekturen und Sicherheitslücken ziehen mit um (eventuell mit einem einmaligen Modernisierungs-„Schub“ während der Migration. In der neuen Umgebung können sie sogar schwieriger zu beheben sein.
Dieses Modell ist oft die teuerste und technologisch unattraktivste Variante – vor allem, wenn die bestehenden Prozesse schon heute ineffizient sind.
Szenario 2: Cloud-native Transformation bei einem Hyperscaler
Vor oder während der Migration werden Anwendungen modernisiert. Architektur und Prozesse werden so angepasst, dass die Cloud ihre Stärken ausspielen kann.
Mögliche Maßnahmen:
- Refactoring: Code wird angepasst, um Skalierung und Flexibilität zu ermöglichen.
- Re-Architecting: Neuentwicklung oder Umgestaltung, z. B. durch Microservices oder Event-Driven-Design.
- Nutzung moderner Cloud-Dienste: Serverless Computing (z. B. AWS Lambda), Container-Orchestrierung (Docker, Kubernetes), verwaltete Datenbanken (z. B. Amazon RDS).
Vorteile:
- Flexible Skalierung und bedarfsgerechte Ressourcennutzung.
- Schnellere Einführung neuer Technologien und Innovationen.
- Entlastung des internen IT-Teams von Infrastrukturaufgaben.
Der Aufwand ist höher, aber die Cloud wird so vom reinen Hosting-Dienst zum Innovationsmotor.
Szenario 3: Pragmatischer Lift & Shift zu einem Managed-Hosting-Anbieter (OpenStack)
Migration zu einem spezialisierten Anbieter, der dedizierte oder virtuelle Server zu festen, oft günstigeren Konditionen bereitstellt, meist mit OpenStack als Basis.
Vorteile:
- Kostenersparnis: Moderne Miet-Server sind energieeffizienter und oft deutlich günstiger als veraltete On-Premises-Hardware oder Hyperscaler-Instanzen.
- Einfache Umstellung: Anwendungen können nahezu unverändert weiterbetrieben werden.
- Transparente Preismodelle: Häufig inklusive großzügiger Traffic-Volumina, was unerwartete Kosten verhindert.
Grenzen:
- Weniger Flexibilität bei kurzfristigen Skalierungen.
- Langsameres Innovationstempo im Vergleich zu Hyperscalern.
- Eingeschränkte Auswahl an spezialisierten Diensten.
Eine sehr sinnvolle Übergangslösung für Unternehmen mit stabilen Workloads, die ihre Infrastruktur schnell und kostengünstig modernisieren wollen oder müssen, ohne sofort tiefgreifende Änderungen an der Software vorzunehmen.
Es gibt nicht den einen, universell richtigen Weg in die Cloud.
- Wer komplexe Prozesse modernisieren und IT-Probleme dauerhaft lösen will, sollte eine cloud-native Transformation bei einem Hyperscaler in Betracht ziehen.
- Wer vor allem Kosten senken möchte und keine tiefen Änderungen an den Anwendungen plant, ist mit einem spezialisierten OpenStack-Anbieter oft besser beraten.
- Ein naiver Lift & Shift zu einem Hyperscaler ist dagegen selten sinnvoll; zu hoch sind die Kosten, zu gering der Nutzen.
Die wichtigste Erkenntnis: Technik folgt der Strategie, nicht umgekehrt.
Eine neutrale Analyse der eigenen IT-Landschaft, Workloads und Geschäftsziele ist der erste Schritt. Erst wenn klar ist, was man erreichen will, lässt sich der passende Weg wählen, ob Hyperscaler, Managed Hosting oder ein hybrider Ansatz.
Am Ende geht es nicht um Server oder Clouds, sondern darum, IT vom Kostenblock zum flexiblen Treiber des Geschäfts zu machen.
Cloud Migration ist nur ein Teil unserer täglichen Arbeit und genau solche Erfahrungen möchten wir in unserem Blog teilen. Wenn du mehr darüber erfahren willst, wie wir Technologien einsetzen, Herausforderungen meistern und gemeinsam Lösungen entwickeln, dann wirf einen Blick in unsere weiteren Beiträge, z.B. zu unseren praktischen Erfahrungen im Einsatz von OpenStack bei Kundenprojekten. Vielleicht findest du dort genau die Inspiration, die du gerade brauchst.